Die Affekte der Forscher Methoden und Theorien der Ethnologie, Primatologie und Reiseliteratur
Affekte bei Forschern sind suspekt. Sie werden als Störungen betrachtet, die eine objektive Arbeit gefährden. Allenfalls gelten sie als Randphänomen, das nur von biographischem oder künstlerischem Interesse sein kann. Viele Disziplinen haben sie aus ihrem Diskurs ausgeschlossen. Dabei beeinflussen sie zwangsläufig den Forschungsprozess: von der Wahl des Gegenstands über die Positionierung der Akteure und die Generierung von Daten bis zur Interpretation der Ergebnisse
und zur gesellschaftlichen Vermittlung. Wie können wir sie, anstatt sie auszublenden oder als Esotericum aufzufassen, systematisch für die Wissenschaft produktiv machen? Insbesondere die Feldforschung löst regelmäßig eine Reihe von Affekten aus, welche die Beobachtung bedingen, das Verständnis beeinflussen und die Theoriebildung lenken. Sie hat ein
umfangreiches Corpus von Selbstaussagen hervorgebracht, das wir exemplarisch studieren können: Tagebücher, Berichte, Erinnerungen. Auf der Grundlage dieses Materials sollen drei Disziplinen der Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften zusammengeführt werden, für die Aufenthalte im ‚Feld’ eine zentrale Rolle spielen: Ethnologie, Primatologie und Literaturwissenschaft (Reiseliteratur). – Den Rahmen bildet das Projekt „Die Affekte der Forscher“ (gefördert von der Volkswagen Stiftung), das 2013–2016 zwischen Bern, Berlin und Indonesien verwirklicht wird. Das interdisziplinäre Forschungsseminar bietet eine Einführung in die relevanten Methoden und Theorien der beteiligten Fächer: (1) teilnehmende Beobachtung, Feldnotizen, radikaler Empirismus, (2) Affenbeobachtung im Freiland, in der Auffangstation und im Zoo, (3) Methoden der Analyse von Affekten in Texten, Reiseliteraturforschung, postkoloniale Theorie. Ausgehend von den verfügbaren Methoden und Theorien, sollen neue Verfahren und Modelle der Wissensproduktion entwickelt und empirisch getestet werden.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Teilnahme bitte nach Anmeldung bei: oliver.lubrich@germ.unibe.ch.
Time & Location
Oct 17, 2013 - Oct 20, 2013
Universität Bern