Transkranielle Magnetstimulation und transkranielle Gleichstromstimulation
Nicht-invasive Hirnstimulationsverfahren wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) und die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS, transcranial direct current stimulation) haben in den letzten Jahren sowohl in der neurowissenschaftlichen Forschung als auch in der klinischen Anwendung zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Mit Hilfe dieser innovativen Methoden können spezifische Hirnregionen durch den Schädel hindurch (=transkraniell) elektrisch gereizt werden. Die primäre Zielregion für Hirnstimulationen ist der dorsolaterale präfrontale Cortex (DLPFC), der bei der Verarbeitung grundlegender kognitiv-emotionaler Prozesse eine zentrale Rolle spielt. Bei ausreichender Stimulationsdauer halten die induzierten Erregbarkeitsveränderungen kortikaler Neurone einige Minuten bis Stunden nach Beendigung der Stimulation an. Es lassen sich sowohl hemmende als auch anregende neuromodulierende Wirkungen erzeugen.
Durch die Anwendung der noninvasiven Hirnstimulation kann untersucht werden, welche neuronalen Strukturen an kognitiven Prozessen beteiligt sind und wie Emotionen, Gedächtnis und Sprache miteinander interagieren. Indem einzelne Hirnareale beispielsweise temporär gehemmt werden (es werden sogenannte "virtuelle Läsionen" gesetzt), lassen sich kausale Zusammenhänge zwischen der Hirnaktivität und der Leistung in einer kognitiven Aufgabe aufzeigen.
Als therapeutische Intervention lassen sich die Stimulationsverfahren bei verschiedenen Krankheitsbildern einsetzen, u.a. auch bei Depressionen. Es konnte gezeigt werden, dass bei vielen depressiven Patienten der linke Stirnlappen minderaktiv und/oder der rechte Stirnlappen überaktiv ist. Durch wiederholte Stimulationen des Stirnlappens lässt sich diese gestörte Hirnaktivität modulieren, was zu einer Besserung der depressiven Symptomatik führen kann.
Bei Anwendung der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) wird über an der Kopfhaut angebrachte Elektroden ein kontinuierlicher Gleichstrom appliziert. In Abhängigkeit von der Stimulationspolarität kann eine Abnahme oder eine Verstärkung der kortikalen Erregbarkeit erzielt werden.
Die Stimulationsverfahren sind schmerz- und nebenwirkungsarm und können sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten mit psychiatrischen oder neurologischen Erkrankungen eingesetzt werden. Die Behandlung erfolgt im wachen Zustand, eine Narkose ist nicht notwendig.
Technik
Bei der TMS wird eine Spule tangential zur Schädeloberfläche angelegt. Bei Auslösung eines Pulses induziert diese Spule ein elektrisches Feld im darunterliegenden Kortex über ein zeitlich veränderliches Magnetfeld. Werden Pulsserien in einer bestimmten Frequenz verabreicht, spricht man von repetitiver TMS (rTMS). Je nach verwendeter Frequenz können spezifische Hirnregionen angeregt oder gehemmt werden. Die Stimulationsintensität richtet sich nach der individuellen kortikalen Erregbarkeitssschwelle. Diese wird über die motorische Ruheschwelle bestimmt, die minimale Reizstärke, die im entspannnten Muskel reliabel/zuverlässig eine motorische Reaktion auslöst. Dazu werden einzelne TMS-Pulse über dem Motorkortex appliziert und die Muskelbewegungen der Hand mit Hilfe eines Elektromyogramms (EMG) erfasst.
Die Verwendung der stereotaktischen Neuronavigation ermöglicht eine präzise Positionierung der Magnetspule, um die gewünschte Hirnregion zu stimulieren. Dabei wird die Spulenposition über ein Infrarotsystem relativ zur individuellen Gehirnanatomie auf dem Computerbildschirm dargestellt und die Spulenbewegungen können während der Stimulation in Echtzeit verfolgt werden.
Labor
Das MAGSTIMLAB verfügt über zwei TMS-Geräte (MagVenture MagPro X100 und Nexstim NBS System), die neuronavigiert verwendet werden können. Ein zusätzlicher Stimulator (magstim Rapid²) kann simultan mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) eingesetzt werden. Zur Anwendung der transkraniellen Gleichstromstimulation werden zwei batteriebetriebene Stimulatoren verwendet (NeuroConn und Schneider Electronic).