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Ein Volk von Neidern? Neid und Missgunst im interkulturellen Vergleich (407)

Neid wird durch den Vergleich mit anderen ausgelöst und kann zu gegensätzlichen Handlungstendenzen führen: destruktives oder emulatives Verhalten. Welche Auswirkungen haben kulturelle und sozio-ökonomische Bedingungen auf diese Facetten?

Wie würden Sie reagieren, wenn Sie eine Person träfen, die einen Luxuswagen fährt oder teure Kleidung trägt, die Sie auch gerne hätten, sich aber nicht leisten können? Wären Sie neidisch? Wenn ja, wie würden Sie sich verhalten? Würden Sie sich in Zukunft mehr anstrengen, um sich so etwas auch leisten zu können, oder würden Sie eher dazu neigen, schlecht über die andere Person zu reden und sie abzuwerten?

Neid ist eine faszinierende Emotion, die durch den Vergleich mit anderen und das Begehren von Eigenschaften oder Besitztümern ausgelöst wird, die andere haben und die man selbst auch gerne besäße. Neid ist eine universelle menschliche Emotion, die sich in fast allen bekannten Kulturen finden lässt und trotzdem eng an die kulturspezifischen Bewertungen von sozialer Ungleichheit gekoppelt ist. Bemerkenswerterweise kann Neid sehr unterschiedlich erlebt werden und zu nahezu gegensätzlichen Handlungstendenzen führen: einerseits destruktives bzw. konfliktorientiertes Verhalten, andererseits erhöhte Motivation, Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsorientierung - mit entsprechend unterschiedlichen Auswirkungen für gesellschaftliche Zusammenhänge.

Angesichts dieser Eigenschaften interessieren wir uns für die Frage, ob bestimmte kulturelle und sozio-ökonomische Bedingungen systematisch die eine oder andere Facette des Neids begünstigen. Wir prüfen diese Frage, indem wir die Neid-Reaktionen von Menschen aus drei verschiedenen Kulturen auf identische soziale Vergleichssituationen analysieren. Mit Hilfe von funktioneller Magnet-Resonanz-Tomographie (fMRT) und semi-strukturierten Interviews untersuchen wir die interkulturellen Unterschiede im Erleben der beiden möglichen Ausprägungen von Neid. Wir gehen davon aus, dass stabile kulturelle und sozio-ökonomische Bedingungen das Erleben unterschiedlicher Arten des Neides tiefgreifend prägen.

Insgesamt beleuchtet das Projekt die sozio-kulturellen Dynamiken der psychophysischen Verarbeitung genuin sozialer Stimuli und liefert Erklärungsansätze für unterschiedliche Arten des Neids in Reaktion auf wahrgenommene soziale Ungleichheit.

Publikationen

Stodulka, T., Löhne, S. (in press). “The Entangled Culture Machine” – A critical review of experimental designs and the assessment of culture in cultural neuroscience. Transcultural Psychiatry.

von Scheve, C., Stodulka, T., Schmidt, J. (2013). Guter Neid, schlechter Neid? Von der "Neidkultur" zu Kulturen des Neides. Emotionen und Politik – Aus Politik und Zeitgeschichte 32-33, 41-46.