Emotionaler Ausdruck in Vokalisationen von Menschenaffen
Menschenaffen kommunizieren ihre Emotionen, wie der Mensch, über die drei kommunikativen Kanäle der Gestik, Mimik und über Vokalisationen. Das Verständnis der verschiedenen Kanäle ist bisher sehr unterschiedlich stark entwickelt. Das Dissertationsprojekt nähert sich der Frage nach der vokalen Kommunikation von Orang-Utans in emotionalen Kontexten.
Projektnr.: G 409
Carla Pritsch
Die Vokalisationen von Menschenaffen sind - mit Ausnahme der Schimpansen - bisher nur wenig untersucht und nehmen als Forschungsgegenstände zur Annäherung an die Entstehung eventueller Vorläufer der menschlichen Sprache eine deutlich unterrepräsentierte Stellung ein. Sie gelten vor allem in emotionalen Kontexten als reflexartig, unflexibel und nur schwer kontrollierbar. Dabei sind Lautäußerungen vor allem in komplexen Umgebungen von evolutionärem Vorteil, da sie trotz möglicher Barrieren des Sichtfeldes und über weitere Entfernungen effektiv sind.
In dem Projekt sollen durch klassische Verhaltensbeobachtungen zunächst emotionale Kontexte positiver und negativer Valenzen identifiziert werden, die stets mit bestimmten Vokalisationen zusammen auftreten. Die aufgenommenen Lautäußerungen werden anschließend einer detaillierten Strukturanalyse unterzogen. Anhand von frequenzspezifischen und temporalen Charakteristiken soll herausgefunden werden, ob und welche Unterschiede zwischen negativen und positiven emotionalen Kontexten bestehen. Der Negativ Bias, der die stärkere Aufmerksamkeit auf negative Emotionen aufgrund ihrer evolutionären Wichtigkeit beschreibt, legt strukturelle Unterschiede der Vokalisationen zwischen den beiden emotionalen Valenzen nahe. Laute, die in negativen emotionalen Kontexten auftreten, zeigen der Hypothese nach weniger Flexibilität und Kontrollierbarkeit, da sie direkt und unmissverständlich geäußert werden müssen.
In einem darauf aufbauenden Experiment soll die akustische Struktur (frequenzspezifische und temporale Analyse) sowie der zugrundeliegende funktionelle Kontext (Intention, Flexibilitat etc.) verifiziert werden. Dieses Experiment wird in Form eines Playback-Designs konstruiert. Es wird auf Basis der Hypothese durchgeführt, dass das Verhalten, das auf die Widergabe einer bestimmten Vokalisation folgt, den Kontext reflektiert, in dem die Vokalisation während der Beobachtungsstudie aufgenommenen wurde. Das Playback-Experiment soll die Funktion und das reliable Auftreten einer Vokalisation in einem bestimmten Kontext kontrollieren.
Forschungsgegenstand sind die akustischen Lautäußerungen der Orang-Utans, die im dichten Regenwald Indonesiens beheimatet sind. Zwischen den belaubten Bäumen des Urwalds spielt gerade die akustische Kommunikation eine wichtige Rolle. Da man bisher nur wenig über die Vokalisationen der Orang-Utans in emotionsgeladenen Kontexten weiß, will das Dissertationsprojekt versuchen diese besser verständlich zu machen.
Disziplin
Evolutionäre Psychologie
Betreuer
Prof. Dr. Katja Liebal