Die Rhetorik der Primatologie
Dieses literaturwissenschaftliche Dissertationsprojekt befasst sich mit der Rolle, welche Emotionen in den populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen von Affenforschern und Affenforscherinnen spielen – z.B. als Wahrnehmungs-, Erkenntnis- oder auch Darstellungsmodi in der Feldforschung.
Mira Shah
Die betreffenden Texte, vor allem Berichte von längeren Feldaufenthalten und Memoiren, formen sowohl unsere Sicht auf nicht-menschliche Primaten als auch unser Verständnis unserer selbst als Menschen im evolutionären Kontext. Sie sind zugleich Zeugnisse emotionalen Erlebens in der wissenschaftlichen Tier-Mensch-Beziehung im Feld und reflektieren Methoden und Traditionen der Forschung. Als solche bieten sie zum einen eine wichtige Schnittstelle zwischen den drei am Projekt beteiligten Disziplinen. Zum anderen zeigen sie auch den Wandel in der emotionalisierten anthropologischen Selbsterkundung am Affen auf: So konzentrierten sich die prägenden Persönlichkeiten der modernen Primatologie der 1960er und 1970er Jahre, Jane Goodall, Dian Fossey und Biruté Galdikas, weitgehend auf ‚positive‘ soziale und emotionale Ähnlichkeiten zwischen Affen und Menschen, während die nachfolgende Generation von Feldforschern, z.B. Sarah Blaffer Hrdy und Richard Wrangham, ihren Fokus auf aggressives Verhalten und ‚negative‘ emotionale Züge, die Menschen mit Affen verbinden, legten. Die zu untersuchende Textform kombiniert dabei unterschiedliche literarische Gattungen wie die Memoiren, den Reisebericht, den Forschungsbericht, das Tagebuch, die Novelle oder das Drama. Mit Bezug zu literaturtheoretischen Konzepten der Postcolonial Studies und ihrer Kritik des diskursiven Otherings sowie unter Berücksichtigung von Konzepten auch aus den Kulturwissenschaften und den Gender Studies untersucht dieses Dissertationsprojekt in systematischer und vergleichender Analyse den Zusammenhang zwischen der Beobachtung von Arten und Kulturen und der Poetik und Rhetorik der Emotionen in den Texten von Primatologen und Primatologinnen.